Gerald Stitz empfiehlt:

Leon de Winter:
Stadt der Hunde

Es ist eines der Bücher, die man wegen des Titels mitnimmt. "Stadt der Hunde" klingt ja erst mal nach Krimi oder nach irgendwas mit Straßenhunden in Südeuropa. Dieser Roman ist jedoch vielfältiger: düster, poetisch, politisch - genau die richtige Lektüre für einen Sommer, in dem man vielleicht nicht nur ausspannen, sondern auch denken will.

De Winter hat diesen eigenartigen Ton, irgendwo zwischen melancholischem Weltschmerz und einer fast filmischen Klarheit. Die Stadt in seinem Buch - Jerusalem - ist heiß, staubig, angespannt und das Drama entfaltet sich gleich zu Beginn.

Jaap, ein international anerkannter Gehirnchirurg, lebt allein in seinem riesigen Haus, seine Frau hat ihn verlassen, die einzige Tochter Lea ist vor Jahren auf einem Trip in der israelischen Wüste verschwunden. Auf der inzwischen aussichtslos erscheinenden Suche nach ihr kommt Jaap noch einmal mit seiner eigenen Vergangenheit in Kontakt, führt eine letzte aufsehenerregende Gehirnoperation durch und begegnet dem Herrscher des saudischen Königshauses. Damit eröffnet sich ihm eine neue Möglichkeit, die verschollene Lea zu suchen.

Und ja, da sind auch Hunde. Und sie sind nicht nur Kulisse. Sie sind Schatten, Spiegel, manchmal Seismografen des menschlichen Unfriedens. Aber das sollte man selbst lesen.

Wer im Sommer nicht nur Cocktailgeschichten sucht, sondern etwas, das auch nach dem Strandtag noch in einem arbeitet, ist mit diesem Buch gut beraten. Es ist keine leichte Lektüre - aber eine, die leichter macht, weil sie einen für ein paar Stunden (oder Tage) aus der eigenen Welt katapultiert.

Verlag: Diogenes
erschienen am 22. Januar 2025
272 Seiten
26 Euro