Gerald Stitz empfiehlt:
Richard Powers:
Das große Spiel
Halten Sie sich fest, denn dieses Buch wird Sie mit auf eine Reise nehmen! Eine Reise über den Globus und durch die Zeit, von der amerikanischen Westküste bis in die Tiefsee der Südseeatolle, von der Turnschuhgeneration der Siebziger bis in die moderne Social-Media-Welt.
Richard Powers verknüpft in seinem neuen Roman Wissensgebiete wie Biologie, Meeresgeologie, Klimawissenschaft und Anthropologie und führt gleichzeitig durch die Lebensgeschichten von vier sehr unterschiedlichen Menschen.
Da ist die Meeresbiologin Evelyne Beaulieu, die auf einer südpazifischen Insel aufwuchs und das Kommunikationsverhalten von Tintenfischen untersucht. Sie schafft es, viele Menschen für die Schönheit der Unterwasserwelt zu begeistern und muss dennoch miterleben, wie Überfischung und Umweltverschmutzung die Ozeane zerstören.
Die Freunde Rafi und Todd verbindet die Leidenschaft für das Go-Spiel und die Liebe zu Ina, doch während der Büchernarr Rafi sein Glück in der Beziehung zu ihr findet, gewinnt Robert in der Social-Media-Welt immer mehr Macht und verschwindet zunehmend in dem weltumspannenden Computerspiel, das er selbst geschaffen hat.
Ina selbst versucht die Enttäuschung über die zunehmende Vermüllung des Meeres mit künstlerischen Mitteln zu verarbeiten, sie ist in ihre Heimat Makatea in Polynesien zurückgekehrt und baut eine riesige Skulptur aus angeschwemmten Plastikgegenständen.
Die Stärke dieses Romans liegt nicht zuletzt in Powers’ Fähigkeit, die Wunder der Unterwasserwelt mit einer beinahe mystischen Intensität zu beschreiben. Korallengärten leuchten in fluoreszierenden Farben, riesige Mantarochen gleiten schwerelos durchs Wasser, und das Flüstern der Walgesänge scheint uralte Geschichten zu erzählen.
Besonders eindrucksvoll ist die Darstellung der Südsee: eine Region, die in der Vorstellung vieler romantisch verklärt ist – hier aber zugleich als verwundbarer Raum gezeigt wird, der unter den Folgen des Klimawandels leidet. Der steigende Meeresspiegel, der kleine Atolle langsam verschluckt, wird nicht nur als geopolitisches Drama inszeniert, sondern auch als emotionaler Verlust – ein Untergang von Lebensräumen, Erinnerungen und kultureller Identität.
Ein Meisterwerk über die Tiefen der Seele und der Ozeane, über alles, was wir verlieren und vielleicht noch retten können.
Penguin
2. Oktober 2024
512 Seiten
26 Euro
